Zum Buch: Valcamona

© Limbus Verlag Hohenems 2007

 

Druck: Gruner Druck, Erlangen
Korrektur: semikolon - Büro für Korrektur
und Lektorat - www.semikolon.co.at

 

ISBN 978-3-902534-12-5
www.limbusverlag.at

 

Vergriffen. Restexemplare bei der Autorin erhältlich

 

Tirol Triologie, Teil 3

 

Diesmal wird es spannend für die Nachwuchsre-
zeptionistin Ines Achleitner, denn auch im Touris-
mus kann es gefährlich werden; besonders für On-
kel Max, der während der Eröffnung seines gigant-
schen Hotel- und Raststättenprojekts Valcamona
plötzlich tot an der Wand hängt. Involviert sind,
wie Ines staunend entdeckt, nicht nur Onkel und Tan-
te, Mutter und Vater und beinahe alle Angestellten,
sondern auch der erotische Geschäftsmann Jewge-
nij. Und da wird es auch für sie brandgefährlich...

Leseprobe



    „Ein Hotel funktioniert nach genau den gleichen
Prinzipien wie ein Puff ...“
    Die vielleicht einhundert Zuhörer sogen missbilli-
gend die Luft ein, sodass ihre Trachtenjoppen, Tweed-
sakkos und Dirndlmieder sich faltig strafften. Bei Max
Wyrth musste man mit solchen Sagern rechnen.
Trotzdem schockte er die Tiroler Touristiker jedes Mal
von Neuem. Natürlich meinte er es nicht so. Oder
doch? Das Schlimmste war: Er sagte derartige Dinge
nicht in kleiner Runde am Stammtisch, sondern mit
Vorliebe öffentlich.
    Da hinten grinsten die Berichterstatter. Vom Tiro-
ler Boten konnte man sich vielleicht ein wenig Rück-
sichtnahme erwarten. Schlimmer Waren schon der
ORF und die süddeutschen Medien. Die Würden auf
so einem Zitat genüsslich herumreiten, wie immer.
    „... dem Kunden alles zu bieten, wovon er träumt,
und mehr noch: das, wovon er bisher nicht zu träu-
men wagte“, ließ Wyrth sein unpassendes Bild aus-
klingen. „Ich bitte nun den Herrn Landeshauptmann,
die offizielle Eröffnung des Erholungsparks Valcamona
vorzunehmen. Anschließend an die Führung durch
den Gesamtkomplex sind um 13 Uhr alle zum Buffet
in der Schlossberg-Stube herzlich eingeladen.“
    Applaus brandete durch das menschengefüllte Fo-
yer des Valcamona. Trotz des verbalen Ausrutschers
von vorhin. Wyrth lächelte in die Reihen unter ihm.
Seine Zähne makellos, wenn auch nicht mehr ganz
naturgegeben, ebenso wie seine Bräune und die
blondmelierten, schulterlangen Locken. Ein vierund-
fünfzigjähriger Sunnyboy, dem man letztlich nicht bö-
se sein konnte. Der mit seinem Auftreten bewies, dass
der Fremdenverkehr in Tirol auf dem neuesten Stand
war. Wyrth verkaufte sich ebenso gut wie seine Pro-
dukte. Das mussten sogar seine Feinde anerkennen.
    Die Führung durchs Valcamona wartete mit be-
eindruckenden Zahlen auf: zehn Jahre Planung, drei
Jahre Bauzeit, acht Hektar Inn-Auen mit Auto-
bahnraststätte und Familien-Vergnügungspark, Ho-
telkomplex mit Motel- und Kongressangebot, drei Re-
staurants, zwölf eingemietete Verkaufsbetriebe,
Schauräume fürs einheimische Gewerbe, unter ande-
rem eine Schau-Selchkuchl, eine Schau-Käserei, ein
Schau-Schnitzer. Im Angestelltentrakt ein betriebsei-
gener Kindergarten. Sämtliche Gebäudeteile in Origi-
nalbaustilen Tirols gehalten und mit Türmchen und
Gauben zusätzlich geschönt. Daneben und drumher-
um nicht nur Parkflächen und Kinderspielplätze. Oh
nein. Da gab es noch ein Alpinarium und eine Chris-
tophorus-Kapelle mit alten Grabkreuzen samt launi-
gen Tiroler Grabsprüchen - als mentale Raststätte so-
zusagen. Die Kapelle war am Vormittag vom hochehr-
würdigen Abt des benachbarten Benediktinerklosters
eingeweiht worden. (Nicht das Friedhöfchen. Das war
nur Zierde. Man war sich sowieso uneins, ob das zu
einer Autobahnraststätte passte, bei den vielen Unfäl-
len heutzutage.) Und unweit am Fluss gab es eine An-
legestelle für kleinere Aus?ugsschiffe. Eigentlich exis-
tierte eine Inn-Schifffahrt noch gar nicht, aber Wyrth
plante voraus: was nicht ist, kann man machen.


    „Über die tatsächlichen Kosten verrät er nichts.
Ob er sich da nicht übernimmt?“
    „Es soll eine Machbarkeitsstudie geben.“
    „Aber so eine Investitionsgröße, hier bei uns ...?“


    „Jaja, größenwahnsinnig. Wie seine Events auf
Bergspitzen. Wer hätte je gedacht, dass sich das rech-
nen würde?“
    „Er hat Glück gehabt. Das ist alles.“
    Achselzucken.


    „Ist mir ein bisschen zu viel von allem, wenn du
verstehst, was ich meine.“
    „Das ist gerade das Konzept.“
    „Schaut aber gar nicht nach Konzept aus. Da ist
diese original Osttiroler Einrichtung, der burgähnliche
Trakt passt doch überhaupt nicht dazu. Und am
Würstelstand tragen sie Oberlär?der Trachten ...“
    „Lass dir erklären: Das Konzept von Wyrth ist: Ti-
rol in einer Stunde Autobahnrast erleben. Kapierst
du?“
    Achselzucken.

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